Orgelgottesdienst

Zur Einführung

Am 13. Juni 2021 feiern wir mit dem zweiten Orgeltag Westfalen die Königin der Instrumente. Vielerorts gestalten Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker Konzerte und pädagogische Formate. Aber natürlich feiern wir die Orgel auch im Gottesdienst, sei es durch besondere Musik, sei es, dass die Orgel das Thema des Gottesdienstes bestimmt. So oder so wird dadurch erfahrbar, wie Musik verkündigt. 

Im Folgenden haben wir einige Ideen und Bausteine zusammengestellt, die Sie speziell zur Gottesdienstgestaltung am Orgeltag selbst (oder auch darüber hinaus) in Ihrer Gemeinde anregen wollen. Falls Sie weitere Anregungen haben, schicken Sie diese gerne an ute.springer@institut-afw.de. Sie werden dann in diesen Ideenpool aufgenommen.

Gottesdienst zum Thema "Orgel

Die Entdeckung der Stärken und Schwächen Ihres Instruments kann ein Ausgangspunkt sein für einen Gottesdienst, der die Orgel thematisch in den Mittelpunkt stellt. Die folgenden Fragen wollen dazu anregen, Ihr Instrument näher kennenzulernen.

Wo ist der Standort Ihrer Orgel und was verrät er über ihre Bedeutung im Gottesdienst und über den Stellenwert der Musik in der Gemeinde?

  • Steht sie auf der Empore, weit ab vom Gewimmel des Gemeindelebens, und thront über allem?
  • Wieviel Raum nimmt sie ein und wieviel Raum lässt sie anderen? Ist Platz, um dort Musizierpartner in direkter Nähe aufstellen zu können? Oder ist ein Musizieren von (Posaunen-)Chor und Orgel nur mit großer räumlicher Entfernung möglich?
  • Hält sie sich im Hintergrund? Ist sie im Rücken der Gemeinde, so dass sie von dieser gar nicht richtig wahrgenommen werden kann?
  • Kann die Gemeinde die Orgelspielerin sehen? Oder heißt es bei Ihnen oft: „Die Orgel spielt“?
  • Ist die Orgel unten im Kirchenschiff platziert, auf einem Niveau mit der Gemeinde? Kann der Organist deshalb vielleicht sogar von der Orgelbank aus Hilfestellungen für den Gemeindegesang geben? Oder einfach leicht für das Einüben eines Liedes „mal eben“ vor die Gemeinde treten?
  • Hängt Ihre Orgel vielleicht über der Kanzel? Steht die Musik damit „über" der Predigt?
  • Steht der Spieltisch, das ist die „Kommandozentrale“, an einer anderen Stelle als die klingenden Pfeifen?

Welche Eigenschaften hat Ihre Orgel?

  • Klingt sie hell und klar oder sanft und weich?
    Hat sie ein großes Klangvolumen oder hört man sie eher "durchsichtig"?
  • Hat sie viele Klangfarben (Register) oder wenige?
  • Hat der Spieltisch mehrere Manuale, kann der Organist also gleichzeitig mit verschiedenen Klangfarben spielen?
  • Ist die Schauseite der Orgel, ihr "Prospekt", reich geschmückt oder eher sachlich und klar?
  • Eignet sie sich besonders für Musik bestimmter Epochen oder Länder?
  • Gibt es vielleicht sogar Effektregister wie einen Zimbelstern oder Vogelgezwitscher?

Jede Orgel ist ein Unikat.

  • Jedes Instrument wurde vom Orgelbauer speziell für eine bestimmte Kirche mit der ihr eigenen Akustik und Architektur geplant und nach bester Handwerkstradition hergestellt. Diese Einzigartigkeit verleiht jeder Orgel einen eigenen Charakter.

Jede Kantorin, jeder Organist ist ein Unikat.

  • Der eine hat das Orgelspiel studiert, die andere spielt aus Liebhaberei. Der eine liebt Bach, die andere spielt lieber Jazz auf der Orgel. Der eine ist ein Einzelkämpfer, die andere eine Team-Playerin. Wo liegen die Chancen, wo die Grenzen, wenn Musikerinnen und Musiker wirklich das machen, was sie begeistert

Musikalische Ideen

Um Gottesdienste musikalisch zu bereichern, finden Sie im Folgenden einige Anregungen für die Gestaltung:

Ideen zur Liturgie

  • Emotionale Liturgie: Liturgische Stationen im Gottesdienst ohne Worte (oder mit sehr kurzen freien Texten) erleben, dafür aber mit Musik darstellen. Dafür müssen die Emotionen der einzelnen Gottesdienstteile im Voraus gut durchleuchtet werden.
  • Zu den liturgischen Stationen werden, z. B. von Konfirmanden, Standbilder/Szenen dargestellt, die dann mit der Orgel koloriert werden.
  • Liturgie wie einen Stummfilm vertonen, evtl. Texte einblenden.

Lieder

  • Hier einige Liedvorschläge, die sich für Orgelgottesdienste eignen: 
  • EG 70,6; Zwingt die Saiten
  • EG 243; Log Gott getrost mit Singen
  • EG 302; Du, meine Seele, singe
  • EG 306; Singt das Lied der Freude über Gott
  • EG 327,3; O du meine Seele
  • EG 330; O dass ich tausend Zungen hätte
  • EG 514; Gottes Geschöpfe, kommt zuhauf!
  • EG 535; Gloria sei dir gesungen
  • EG.E 5; Wir stehen im Morgen
  • WortLaute 50; Gut, dass wir einander haben (passt besonders zur Orgel-Allegorie)
  • Das Lied von der Orgel (Johanna Wimmer) (siehe unten)

Ideen zur Liedbegleitung

  • Die Organistin spielt eine Strophe, die Gemeinde summt dazu.
  • Der Organist spielt eine Strophe rein instrumental und deutet dabei den Text aus.
  • Der Kirchenmusiker spielt eine Strophe instrumental, der Text wird vom Liturgen dazu gelesen.
  • Die Kirchenmusikerin spielt freie Grooves/Begleitmuster mit passenden Klangfarben/Registern. Dazu wird der Liedtext gelesen.

Predigtideen

  • Dialogpredigt zwischen Predigerin und Organist. Orgelmusik und Sprache wechseln sich gleichwertig ab. Das musikalische Repertoire muss sich nicht nur auf Choräle  beschränken, auch  Zitate aus weltlicher Musik, vielfältige Klänge, kurze Einwürfe und Motive oder besondere Register verleihen der Predigt Witz und Pepp.

Liedpredigt

  • ...wobei die Orgel auch einige Strophen alleine ohne Gesang gestaltet.

Texte musikalisch gestalten

  • Einen Text musikalisch mit der Leitmotivtechnik gestalten, analog zum Märchen „Peter und der Wolf“. Immer wenn von Person A/Ereignis A die Rede ist, wird ein gleiches emotional passendes Motiv gespielt, bei Person B/Ereignis B ein anderes. Die Motive können selbst erfunden sein oder auch aus Liedern oder anderer musikalischer Literatur stammen. 
  • Ein Text wird mit „Comic-Geräuschen“ von der Orgel untermalt. Geräusche wie „wusch“, „boing“, „zack“ oder „dudelideldu“ werden auf der Orgel imitiert. Hier sind Fantasie und Mut gefragt, ungewöhnliche Registrierungen können ausprobiert werden, auch der Motor kann durch An- und Abschalten einbezogen werden. Zum Spielen kann auch der ganze Arm genutzt werden (Cluster). Dazu eigenen sich besonders bildhafte Texte.
  • Einen Text wird als Melodram gestaltet. Die Orgel malt den gelesenen Text musikalisch aus, sie wechselt sich mit dem Text ab oder überlagert ihn. Dabei können die besonderen Stärken der Orgel (verschiedenen Klangfarben) genutzt werden.

Texte

Psalm 150

1 Halleluja! Lobet Gott in seinem Heiligtum, lobet ihn in der Feste seiner Macht! 2 Lobet ihn für seine Taten, lobet ihn in seiner großen Herrlichkeit! 3 Lobet ihn mit Posaunen, lobet ihn mit Psalter und Harfen! 4 Lobet ihn mit Pauken und Reigen, lobet ihn mit Saiten und Pfeifen! 5 Lobet ihn mit hellen Zimbeln, lobet ihn mit klingenden Zimbeln! 6 Alles, was Odem hat, lobe den HERRN! Halleluja!

Inschriften an der Orgelempore der St.-Mauritius-Kirche in Hollern

Basis

So wan der waare Glaub im Menschen wirt entzünt
Gleich einem starken Baß, darauff sich alles grünt.
Der fremde Noten nicht durchauß Lest kommen ein
O was kann kräfftiger als diese Musick sein.

Tenor

Ja wan auch der Tenor ist das unsträfflich Leben
Da sich die Glieder all, nach Gottes Wort ergeben
Der waaren Heiligkeit, ohn allen falschen Schein
O was kann heiliger als diese Musick sein.

Altus

Wan Gott der heilig Geist die Hertzen selbst regirt
Und gleichsam aus der Höh den Alt mit musicirt
Wan er den Ton auch gibt nach Gottes Wort allein
O was kann richtiger als diese Musick sein

Discantus

Und wan auch das Gebet wie ein Discant auffsteiget
Und sich dem Glaubens Baß alzeit gemäß erzeiget
Wann es in höchster noth noch bleibet klar und rein
O was kann lieblicher, als diese Musick sein.

Info

Dieser Text und viele weitere Ideen sind zu finden im Buch “Orgel für alle“ vom Zentrum Verkündigung (Hrsg. Christa Kirschbaum)

Hier geht es zum Buch.

Das Lied von der Orgel

Hast du schon mal in die Kirche geschaut?
Da wurde unsre Orgel zu Gottes Lob gebaut
Es gibt ganz viele Pfeifen, sieht jede anders aus
Und aus jeder Pfeife, kommt ein andrer Ton heraus.
Damit die Pfeifen klingen, macht der Motor ganz viel Wind.
Dann erst kann man hören, wie schön die Klänge sind.
Wir brauchen wirklich jeden Ton, ob groß, ob zart ob laut.
Es wurde jedes kleine Teil, absichtlich so gebaut.
Die Orgel ist ein Zeichen, wie Kirche gehen kann:
Nur alle zusammen, geben einen guten Klang.

Johanna Wimmer, Enger

Allegorie Orgel - Kirche / Gemeinde

Version zum Drucken

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Stand 13. Januar 2021

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